Sabrina Künig

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Komponistin des Monats: Caroline Shaw

Lesezeit 3-4 Minuten

Einen ziemlich großen Zeitsprung entfernt von unserer letzten Komponistin Elisabetta de Gambarini lernen wir heute Caroline Shaw kennen, eine zeitgenössische Komponistin aus den USA, die verschiedene Genres bedient, komponiert und auch selbst performt.

wer genau ist unsere komponistin des monats?

Caroline Shaw wurde 1982 in North Carolina geboren und ist Geigerin, Sängerin, Komponistin und Produzentin. In den letzten Jahren hat sie über 100 Werke komponiert und in zahlreichen Konzerten als Musikerin und Sängerin teilgenommen, oft auch als Performerin ihrer eigenen Werke. Ihre Ausbildung erhielt sie unter anderem an der Yale School of Music und an der Princeton University in den USA, in welcher sie ihren PhD in Komposition absolvierte.

Welche Art von Musik kreiert Shaw denn nun?

Shaws breites Interesse an Musik lässt sie schwer in ein Genre pressen, was sie als Komponistin noch interessanter macht. Sie tourte mit Kanye West, gewann als jüngste Person den Pulitzer Preis für Musik für eine achtstimmige Partita und einen Grammy für das Album Orange mit ihrem Attaca Quartett. Sie koproduzierte Teile von Rosalías neuem Album Motomami (Vocal arrangement der Songs LA FAMA und BULERÍA, G3 N15 und mehr), kollaboriert mit Choreographinnen und covert Abba Songs, alles in ihrem ganz eigenen, persönlichen Stil.

Shaw zeigt in ihrem künstlerischen Arbeiten eine enorme Flexibilität, möchte nicht in eine traditionelle Komponistinnenschublade gesteckt werden oder sich nur auf Pop konzentrieren, vielmehr experimentiert sie mit Werken, die die Grenzen der Klassik verwischen oder sogar sprengen. Sie exploriert musikalische Erlebnisse, in denen Komponieren und Performen sich überlappen, auch außermusikalische Kunstdisziplinen wecken ihr Interesse wie jüngst gesehen in Graveyards and Gardens, eine musikalisch-tänzerische Kollaboration mit Tänzerin Vanessa Goodmann, das kürzlich im Theater Bremen aufgeführt wurde.

Let The Soil Play Its Simple Part und Graveyards and Gardens – Erde als Inspiration

In zwei der neuesten Projekte Shaws spielt Erde eine wichtige Rolle. In oben genannter Tanzproduktion geht es um Friedhöfe, die nichts anderes als Gärten sind. „Everything returns to soil“ singt Shaw in einem mehrstimmigen elektronischen Stück während Goodman auf der Bühne neben Lampen und Pflanzen bodennah tanzt – den unten verlinkten Trailer sollte man sich auf jeden Fall ansehen!

Das Album Let The Soil Play Its Simple Part entstand zusammen mit dem Percussionensemble Sō Percussion, das mit klassischer Musik experimentiert und zeitgenössische Klänge erkundet und deren Grenzen auslotet. Gespielt wird nicht nur am Marimbaphon, an Trommeln oder Glockenspielen, sondern auch auf Kakteen, leeren Metalldosen, Flaschen oder Keramiktöpfen – auch elektronische Instrumente werden eingesetzt. Die Lyrics sind inspiriert von den verschiedenen Interessen der Musiker*innen, James Joyce, der Poetin Anne Carson, ABBA oder dem Sacred Harp hymn book.

 Mein absolutes Lieblingsstück von Caroline Shaw

Wenn du dir nur ein einziges Stück von Caroline Shaw anhörst, dann lass es dieses sein. Ich habe wohl kaum ein Youtubevideo so oft angesehen wie dieses (und das heißt etwas!). In diesen wundervollen, berührenden fünfeinhalb Minuten performen Caroline Shaw als Komponistin und Sängerin und das Attacca Quartett im Lincoln Center Offstage And So, ein Stück, das unterschiedlichste Dynamiken sowie Spielarten der Streichinstrumente erkundet, sowohl musikalisch als auch poetisch spannend, und perfekt geeignet für eine Bewegungsimprovisation ist (für meine fellow Rhythmiker*innen!).

Was können wir als Pianist*innen von Caroline Shaw mitnehmen?

Caroline Shaw ist ursprünglich Geigerin und Sängerin und schreibt hauptsächlich für Ensembles, Gesang oder Streichinstrumente, aber auch außerhalb des eigenen Instrumentes Musik zu hören, ist enorm wichtg. Deshalb kann ich jede*r Pianist*in nur empfehlen, Caroline Shaws Werke sich bewusst anzuhören. Dafür habe ich eine Playlist für dich erstellt, die unten verlinkt ist. 

Gustave Le Gray ist ein Stück für Solo Piano, das Shaw für ihre Freundin und Pianistin Amy J. Yang komponiert hat, inspiriert von Chopins opus 17 Mazurka in a moll. Dieses Stück ist für fortgeschrittenere Pianist*innen geeignet, die Noten gibt es in Shaws eigenem Shop als PDF. Aber auch wenn du erst angefangen hast, Klavier zu spielen: Höre es dir an, es ist wunderschön und kann eine großartige Motivation sein, wenn das Klavierüben mal wieder anstrengend erscheint!

Höre dir David Kaplans Version hier an:

improvisationsidee für das klavier

Ich liebe es, mir Teile aus Stücken herauszuhören und darauf am Klavier zu improvisieren, deshalb folgende Übung: Du kannst ein kleines Thema oder einen Klang aus Shaws Stücken verwenden, und dir daraus deine ganz eigene Improvisation bauen, vielleicht auch mit anderen Musiker*innen oder deinen Freund*innen. In folgendem Video sind einige sich wiederholende Teile zu hören (auch Ostinati genannt), wie zum Beispiel das mehrstimmige Summen oder der Rhythmus gespielt auf verschiedenen Dosen, einer Rassel und Trommel. Du könntest das Summen am Klavier übernehmen und in Akkorden spielen, jemand anderes spielt den Rhythmus oder entwickelt einen eigenen Rhythmus an der Trommel oder sogar mit Dosen. Darüber kannst du dann mit der rechten Hand improvisieren.

Falls du einen Flügel zuhause hast, kannst du ihn öffnen und mit der linken Hand einige Saiten abdämpfen, die du mit der rechten Hand spielst – lausche genau und experimentiere mit dem Klang, der sich durch das Abdämpfen verändert.

Hol dir hier deinen Improvisationsimpuls und schreib mir gern in die Kommentare, welches Stück dein Favorit ist!

Hörbeispiele

Caroline Shaw&Sō Percussion Lay all your love on me 

https://www.youtube.com/watch?v=m0BI0NyUiNU

 Caroline Shaw&Sō Percussion Other Song

https://youtu.be/s5YNFT1VFK0

Noten zu Gustave Le Gray:

https://caroline-shaw-editions.myshopify.com/collections/small-plates/products/gustave-le-gray

Quellen:

https://carolineshaw.com/bio/

https://www.npr.org/sections/deceptivecadence/2021/07/06/1011735623/caroline-shaw-classical-profile-let-the-soil-play-its-simple-part

https://www.nonesuch.com/journal/caroline-shaw-so-percussion-let-the-soil-play-its-simple-part-june-25-nonesuch-2021-03-19

https://www.theguardian.com/music/2021/feb/02/caroline-shaw-composer-pulitzer-winner-partita-kanye-west