Louise Farrenc - Komponistin des MOnats

Nach Ausflügen in die zeitgenössische Musik kehren wir im August zurück in die Klassik, genauer gesagt in das Paris des 19. Jahrhunderts, das schon damals als Künstler*innenmetropole galt.

Paris – das Herz der Künste

Louise Farrenc wuchs genau dort, im Herzen der Stadt in einer Künstler*innengemeinschaft, mit ihrer Familie auf, die aus Bildhauern bestand, die Nachbarsfamilien waren Maler*innen, Musiker*innen, Künstler*innen. In diesem inspirierenden Umfeld konnte sie schon als kleines Kind viele verschiedene Arten der Kunst kennenlernen und begann früh mit dem Klavierspiel. Eine ihrer Klavierlehrerinnen war Cécile Soria, eine Schülerin von Muzio Clementi. Später, als Teenager, studierte Louise am Pariser Konservatorium Klavier und nahm auch Kompositionsunterricht. Letzteres musste allerdings im privaten Bereich geschehen, da Frauen damals vom Komponieren systematisch ausgeschlossen wurden und nicht an staatlichen Einrichtungen darin unterrichtet werden durften.

Louise Farrenc composer

Da Frankreichs König damals ein großer Musikliebhaber war, förderte er das Musizieren und war auch Gründer einiger Musiksalons, in denen viele Musiker*innen auftreten durften. Louise Farrenc komponierte besonders viel Salonmusik, die in ebensolchen Institutionen gespielt wurden. Neben ihrem Hauptinstrument, dem Klavier, schrieb sie auch viele Orchesterwerke und Stücke für Kammermusik, was damals recht ungewöhnlich war, da Orchestermusikerinnen damals kaum existierten. Sie verschriebt sich musikalisch dem Stil der Wiener Tradition, also Haydn, Mozart und Beethoven, legte sich aber nicht rein darauf fest und man hörte in ihrer Musik auch Echos von Schubert, Mendelssohn und Schumann.

Künstlerin, Lehrerin und bye bye, Gender Pay Gap

Louise Farrenc heiratete mit siebzehn Jahren den Flötisten und Musikographen Aristide Farrenc. Gemeinsam tourten und konzertierren sie in ganz Frankreich, bevor sie sich in Paris niederließen und einen Musikverlag gründeten. Gemeinsam verlegten sie unter anderem eine mehrbändige Sammlung über Tasteninstrumente aus dem 15. – 19. Jahrhundert. Als sie 38 Jahre alt war -  ein Jahr, nachdem sie ihre erste Symphonie komponiert hatte - bekam sie eine Stelle als erste Klavierprofessorin am Konservatorium von Paris, Komposition durften Frauen damals noch nicht unterrichten, wodurch den Studierenden dort so einiges entging. Farrenc hat sich vehement als erste Person dafür eingesetzt, dasselbe Gehalt zu bekommen wie ihre männlichen Kollegen. Es dauerte zwar Jahre des Kämpfens, und leider existiert der Gender Pay Gap über 150 Jahre später immer noch, aber Farrenc bekam tatsächlich dasselbe Gehalt.

Sie unterrichtete Klavier, bis sie 68 Jahre alt war, und war bekannt als eine der besten Klavierprofessorinnen Europas, komponierte allerdings nichts mehr seit dem Tod ihrer Tochter 1959. Spannend fand ich, dass Farrenc nur ein Kind hatte – gab ihr das mehr Zeit und Freiraum zum Komponieren? Außerdem motivierte ihr Mann sie immer, zu komponieren, was damals keineswegs gängig war. (Es aber natürlich sein sollte). Farrenc arbeitete und unterrichtete unglaublich viel, aber anders als zum Beispiel Clara Schumann war sie Ende 30 keine Witwe mit acht Kindern, um die sie sich als Mutter, aber auch finanziell alleine kümmern musste.

Klavierquintett Louise Farrenc

FARRENC IN DER GEGENWART - vergessen?

Als meine neue Klavierlehrerin Ellada Pavlou und ich über Women Composers sprachen und sie mir eine Etüde von Farrenc zum Erarbeiten gab, erzählte sie mir von ihrer Freundin, der Pianistin und Forscherin Dr. Maria Stratigou, die als erste Person weltweit (!) alle Etüden von Louise Farrenc aufnahm und veröffentlichte (und das erst vor einem Monat, im Oktober 2022) und ihren PhD der Komponistin widmete. Sie reiste oft nach Frankreich, las alles über Farrenc, auch Dokumente, die es nur in Frankreich und auf Französisch gab und setzte sich mit Farrencs Klavierpädagogik auseinander - immerhin ist eine Etüde (frz. l’étude - das Lernen) vor allem ein Stück, von dem die Spielerin, der Spieler etwas lernen und mitnehmen soll. Mehr über die Research könnt ihr hier erfahren, die kompletten Etüden anhören kann man sich hier und eine kleine Kostprobe findet ihr im Video.

Welche Werke von Louise Farrenc sollten wir uns nun anhören?

Oder am Klavier spielen? :)

Mein persönlicher Favorit ist das Klavierquintett No. 2 in E Dur op. 31 IV. Finale. Allegro. Es ist beschwingt, das Motiv wird immer wieder aufgenommen und verarbeitet und durch die relativ kurze Länge ist es auch absolut hörbar für Menschen, die noch weniger in Kontakt mit klassischer Musik getreten sind. Über diesem Absatz findest du das gesamte Quintett, du kannst es dir zum Beispiel wie ich auf Idagio anhören oder hier auf Youtube.

Zum Spielen empfehle ich Variations brillantes sur la cavatina d’Anna Bolena de Donizetti oder die Etudes et Variations pour piano. Mein Lieblingsstück daraus ist Air russe varié op. 17, auch wenn ich es noch nicht gemeistert habe, ist es ein wunderschönes Stück, besonders der Beginn hat es mir angetan! Noten findest du zum Beispiel hier bei Stretta (keine Werbung).

Schreib mir gerne in den Kommentaren, welches der Stücke hier dir am besten gefiel oder erzähl von deinen Gedanken zu dem Punkt über Carearbeit

Wenn du Wünsche oder Tipps für kommende Komponistinnen hast, lass sie gerne da! Zur nächsten Komponistin für September wird hier schon wieder fleißig recherchiert...

 

Quellen

https://www.br-klassik.de/themen/klassik-entdecken/louise-farrenc-komponistin-geboren-was-heute-geschah-31051804-100.html

https://www.deutschlandfunk.de/sinfonik-von-louise-farrenc-aussenseiterin-in-maennerwelt-100.html

https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/louise-farrenc/

https://www.crescendo-magazine.be/louise-farrenc-une-compositrice-passionnante/

https://www.deuxiemepage.fr/2019/05/31/the-f-world-16-louise-farrenc/

 

 

 

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